Sasunjan
“Da kommt er, mein Liebling”, rief Anna aus, sprang auf und life zu Aramik, der vor dem Diener reinkam und unmutig neben der Tür stand. In einem Augenblick schloß sie das Kind in ihre Arme, hebte auf und setzte sich ihm das ganze Gesicht küßend wieder auf ihren Stuhl. Als sie Aramik schon genug geküßt hatte, setzte das Kind auf ihren Schoß und schaute mit jener Liebe und Freude an, wie nur die Frauen anschauen können. “Wie er aufgewachsen und schön geworden ist”, sagte sie und drückte ihn an ihre Brust.
“Ich hoffe, dass du keinen bösen Blick hast”, sagte Emma, im deren Herzen der mütterliche Stolz aufwachte, als sie sah, wie ihre Freundin ihren Sohn liebte.
“Ja, ja, sie hat recht”, fügte Saqar hinzu und lachte laut wie gewöhnlich.
“Habt keine Angst!”, sagte Emma und schaute Aramik wieder mit großer Liebe und Freude.
Aramik saß auf Annas Schoß und sah sie erstaunt und mit Interesse an. Er presste die Lippen zusammen und schwellte die Wangen, damit wurde sein schönes Kindergesicht irgendwie ernst, aber sehr attraktiv und liebenswert. Solches Gesicht haben nur die Kinder.
“Warum siest du mich so an? Kennst du mich nicht?”, fragte Anna.
“Nein”,antwortete er und schüttelte den Kopf verneined. Er sah sie weiter an.
“Ich bin die Schwester deiner Mutter”.
“Die Schwester meiner Mutter?”, sagte Aramik tief nachdenkend und sah die Mutter an. Dann schaute er wieder Anna, dann die Mutter: als ob er Ähnlichkeit zwischen den beiden finden wollte.
“Ja, ja, sie ist meine Schwester”, bestätigte die Mutter lächelnd.
“Aber warum kamen Sie sie bisher nicht zu uns?”, fragte er.
“Denn deine Mutter prügelte mich immer”, scherzte Anna. Das Kind verstand den Scherz nicht. Er zog die Augenbrauen zusammen und schwellte die Wangen.
“Es stimmt nicht”, sagte er wie beleidigt, “meine Mutter schlägt niemanden. Vielleicht hat sie sich über Sie geärgert, wie am vorigen Tag...”
Er schwieg und schwellte die Wangen völlig.
“Was, was war am vorigen Tag?”, fragte Anna das Lachen zurückhaltend.
“Sie war mir böse”, leise sagte er und senkte den Kopf.
“War sie dier böse?... Warum?... Hast du etwas schlimmes gemacht?”
“Nein, ich habe nichts gemacht. Sie saß traurig. Ich lief einfach zu ihr und sie ärgerte sich plötzlich... Sie befahl mir dringend herauszugehen... Sie nannte mich ein böses... verderbtes Kind”.
Seine Stimme zitterte, vor Scham drückte er sein Gesicht an Annas Brust und fing an zu schluchzen.
“Wirklich, böser und verderbter Junge”, sagte Saqar, “wie hat er sich gemerkt? Er will keine Beleidigung dulden”.
Saqar entschuldigte sich und ging heraus um sich für die Verehrung des Gastes vorzubereiten.
Anna beruhigte Aramik, versöhnte ihn mit seiner Mutter, indem er die Hand der Mutter küßte. Dann gab ihm Anna Süßigkeiten, die sie mitgebracht hatte.
Aramik saß auf Annas Schoße eine ganze Viertelstunde und wurde müde. Er wollte hinausgehen und laufen.
“Ich hab Ihr Kleid ganz kaputtgemacht. Lassen Sie mich, ich will herunterkommen”, sagte er.
Anna lachte. “Du, schlaues Kind, willst du fliehen, deshalb denkst du das aus?” Sie küßte ihm fest die beiden Wangen und brachte herunter.
“Geh jetzt spielen! Aber hör mal zu, ab heute nennst du mich Tante, verstanden?”
“Weiß ich schon”.
“Wirst du mich wie deine Mutter lieben?”
“Warum nicht?”
“Ich werde für dich immer Süßigkeiten bringen”.
“Wozu brauche ich die Süßigkeiten?”
“Du, stolzer, warum?”
“Denn meine Mutter sagt, dass die Süßigkeiten den Zähnen schaden”.
“Siehst die ihn? Gib mir dann die gegebenen zurück!”
“Hier!”
Aramik reichte ihr die Süßigkeiten. Mit Absicht machte Anna das Gesicht finster.
“Du beleidigst mich”, sagte sie schwer.
“Was kann ich machen? Sie selber wollten und ich gebe Ihnen”.
Anna konnte nicht mehr das Lachen halten.
“Na gut, nimm das und iß, soviel wird nicht schaden!”
Aramik drehte sich um und ging zu der Tür.
“Warte”, rief Anna hinter ihn. Er blieb stehen. “Wirst du mich, also, auch ohne Süßigkeiten lieben?”
“Wenn Sie mich lieben, werde ich Sie auch lieben”.
Anna sprang auf, lief zu ihm, umarmte ihn und küsste ihm wieder das ganze Gesicht. “So liebe ich dich, siehst du, wie ich dich liebe?”, sagte sie und küsste ihn weiter. “Küsse mich jetzt selber, damit ich weiß, dass du mich auch liebst”, sagte sie und näherte ihre Wange zu den Lippen des Kindes.
“So, und ich liebe Sie so”, rief Aramik aus, küsste Sie fest und life hinaus.
Anna schaute nachdenklich hinter ihn, seufzte und setzte sich wieder in ihren Platz.
“Wohl dir, Anna!”, sagte sie, “Wie glücklich du bist! Ich weiß nicht, für welche Sünde ich um ein solches Glück gekommen bin”. “Wie glücklich bin ich!”, dachte Emma erbittert und das Bild von Sasunjan zuckte vor ihr. Plötzlich lächelte sie und sah Anna an.
“Willst du? Ich gebe dir”, sagte sie.
“Herr Gott soll geben. Was kannst du mir geben? Wenn es zu Hause nicht ein paar, sondern auch kein Kind gibt, wer bist du denn? Wer braucht dich? Was für Leben ist das Leben einer verheirateten Frau, wenn sie kein Kind hat? Kein Gefühl, kein Glück kan man mit dem Mutterglück und den mütterlichen Gefühlen vergleichen. Alles ist in diesem Leben wackelig und vergänglich, außer dem mütterlichen Gefühl. Was ist die Liebe, die allbekannte Liebe gegenüber dem mütterlichen Gefühl? Die allbekannte Liebe ist zwar breitrandige, aber auch blockierte See, die unendlich wogt und ziemlich viel Schaden bringt. Sie bringt auch zur Katastrophe oft, aber die Mutterliebe ist eine klare, durchsichtige Quelle, die ruhig fließt und niemand weiß, woher sie anfängt und wo sie sich endet. Unter allen Menchen ist die Mutter der glücklichste. Obwohl ich unglücklicherweise keine Mutter bin, verstehe ich das. Das fühle ich und, kann sein, dass ich es besser fühle als du. Weißt du, wie ich dich beneide, Emma?”
“Umsonst”, wie im Schlaf sprach Emma aus, wer diese ganze Zeit die Augenbrauen zusammengezogen und die Nasenlöcher breiter gemacht zum Fenster schaute.
Anna zuckte. Es war, als ob sie nur jetzt den traurigen und nachdenklichen Blick von Anna bemerkte. Sie drehte sich leise zu ihrem Gesicht.
“Was... ? Umsonst?”, fragte sie erschwert. Emma atmete auf und gab keine Antwort. Anna stand schnell vom Stuhl auf und setzte sich auf ihr Bett. Sie nahm die Hand der Freundin und richtete die Augen auf ihre Augen.
“Emma, du siehst ganz anders aus”, sagte sie mehr erschwert als bisher. “Du bist geheimnisvoll... Ich verstehe dich nicht... Erkläre mir... Was ist mit dir los?”
Plötzlich sah Emma sie von ihrer Seite ernst an, dann lächelte sie aber. “Was wird passieren?”, sagte sie, “Ich lege hier im Bett und du bist auf mich neidisch”.
Sie konnte Anna nicht betrügen. Anna sah ernsthaft und mißtaruisch ihre Augen an. Sie wollte etwas sagen, als Saqar das Zimmer betrat. Sie sagte nichts mehr. Dann sah sie immer wieder Emma an. Die letzte fühlte, dass sie sich unvorsichtig verraten hatte und versuchte sich lustig zu zeigen. Außerdem hatte der unerwartete Besuch der Freundin schon Freude gemacht, besonders in ihrer gegenwärtigen schweren Lage. Sie fühlte sich sogar ganz gesund. Anna sah, dass ihr Verdacht wahrscheinlich keinen Grund hat und hörte auf sie anzusehen. Dann begann ein süßes, unendliches Gespräch. Saqar sah, dass die Frau sich ganz wohl fühlte und konnte vor Freude nicht stehen. Aber er versuchte sich zu beherrschen, um nichts falsch zu machen und damit Unbehagen der Frau nicht zu erzeugen, wie es schon ein paar Mal in letzten Tagan passierte.
Es war schon ziemlich spät, als Anna nach Hause gehen wollte. Emma bat sie am nächsten Tag wieder zum Besuch zu kommen.
“Ich werde schon bei Tagesanbruch hier”, sagte Anna.
Bis zu der Haustür stieg Saqar mit ihr hinunter und drückte dort ihre Hand fest. “Ich bin Ihnen sehr dankbar, Frau Anna”, sagte er gerührt. “Sie sind vom Gott für Emmas Heilung geschickt. Sie haben mich von der Verzweiflung befreit.”